Dr. Hildegard Hamm-Brücher
erhielt den Preis in ihrer Eigenschaft als Bildungspolitikerin, die dazu beigetragen hat, dass nach Jahrzehnten der Stagnation die Bildungsreform auf die politische Tagesordnung kam. Sie erhält den Preis als engagierte Bürgerin und Vorsitzende der Theodor-Heuss-Stiftung, die in allen ihren Ämtern und Positionen die Notwendigkeit dauerhafter Bemühungen um ein demokratisch verfaßtes Schulwesen öffentlich vertreten hat.
Die Preisträgerin wurde als Hildegard Brücher am 11. Mai 1921 in Essen / Ruhr geboren. Da sie im Alter von 10 Jahren ihre Eltern verlor, wuchs sie mit ihren vier Geschwistern bei der Großmutter in Dresden auf. Sie ging dort und in Berlin zur Schule und kam 1937 ins Internat Schloß Salem/Bodensee. Nach dem Abitur in Konstanz 1939 studierte sie an der Münchner Universität Chemie und promovierte dort 1945.
1943 war die Großmutter, eine Halbjüdin, durch Freitod aus dem Leben geschieden, als ihre Deportation nach Theresienstadt bevorstand. Um ihre jüngeren Geschwister unterstützen zu können, arbeitete Hildegard Hamm-Brücher 1945 bis 1948 als wissenschaftliche Redakteurin bei der „Neuen Zeitung“ in München. Als sie 1946 Theodor Heuss interviewte, machte er ihr Mut, Politikerin zu werden. Sie wurde 1948 Mitglied der FDP und vertrat von 1948 bis 1954 ihre Partei im Münchner Stadtrat. In das Jahr 1954 fällt auch ihre Eheschließung mit Dr. Erwin Hamm.
Von 1950 bis 1966 gehörte sie dem Bayrischen Landtag an, wo sie wegen ihrer betont liberalen Vorstellungen zur Bildungspolitik sowohl mit dem damaligen Kulturminister als auch mit Parteifreunden in Konfrontation geriet.
Von 1963 bis 1976 war Hildegard Hamm-Brücher, trotz des Widerstands ihrer Parteifreunde, erstmals Mitglied des Bundesvorstands der FDP, ab 1972 auch des Bundespräsidiums. In diesen Jahren setzte sie sich immer wieder mit verschiedenen Schul- und Erziehungssystemen auseinander. Die Bildungspolitik war auch in der Parteiarbeit ihr Thema; weithin Beachtung fand ihr entschiedenes Eintreten für die Gemeinschaftsschule und ihre Initiative um die Beseitigung des Schulstresses.
Nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bayerischen Landtag 1966 wurde Frau Hamm-Brücher 1967 Staatssekretärin im Hessischen Kultusministerium für Bildung und Wissenschaft in Bonn.
1970 hatte ihr die bayerische FDP den Wiedereinzug in den Bayerischen Landtag entscheidend zu verdanken; nachdem sie von Ihrem Bonner Amt zurückgetreten war, wurde sie 1972 Fraktionsvorsitzende der FDP im Münchner Landtag.
Im Jahr 1976 wurde Hildegard Hamm-Brücher in den Bundestag gewählt und übernahm das Amt einer parlamentarischen Staatssekretärin mit dem Titel „Staatsminister“ im Auswärtigen Amt. In dieser Eigenschaft war sie vor allem für kulturelle Beziehungen zuständig und unternahm für diese Aufgabe zahlreiche Auslandsreisen. Bei Auseinanderbrechen der sozialliberalen Koalition 1982 schied sie aus der Regierung aus und trat auch in der Partei zeitweilig ins zweite Glied.
1987 zog sie erneut in den Bundestag ein, wurde außenpolitische Sprecherin ihrer Partei, erklärte aber bereits 1989, dass sie sich 1991 aus der aktiven Politik zurückziehen und keine politisch/parlamentarischen Ämter mehr annehmen wolle. Eine letzte große Bühne wuchs Frau Hamm-Brücher 1994 zu als Bundespräsidentschaftskandidatin der FDP.
Ein breites und interessantes Betätigungsfeld, neben zahlreichen Ämtern und Mitgliedschaften in anderen Gremien und Organisationen, stellt seit der Gründung 1963 die von ihr initiierte Theodor-Heuss-Stiftung dar, deren Vorsitz Dr. Hildegard Hamm-Brücher innehat.